Künstliche Intelligenz

Persönliche Gedanken zur Nutzung von KI

Wie vermutlich die meisten von euch, habe ich in den letzten Monaten mit Neugier und teilweise Begeisterung unterschiedliche KI-Werkzeuge nicht nur ausprobiert, sondern in mein tägliches Arbeiten integriert. Im Grunde erschreckend schnell, haben sich meine persönlichen Arbeitsweisen verändert und habe ich zur Effizienzsteigerung zunehmend Aufgaben an KI outgesourct. Zugegeben, ohne dies über die engere berufliche Perspektive hinaus konsequent, d.h. mit Auswirkung auf mein Verhalten, zu reflektieren.

Dieser Prozess wurde nun in Gang gesetzt, und zwar durch eine meiner Studentinnen und durch meine Tochter:

Die Studentin hat mich in einer Lehrveranstaltung daran erinnert, dass eine Anfrage an einen KI Chatbot extrem viel mehr Ressourcen verbraucht als eine entsprechende konventionelle Suche. Nicht, dass ich das nicht bereits gewusst hätte, aber wie viel bequemer war es doch, einfach meinen Ko-Piloten zu fragen, anstatt selbst die Suchmaschine zu nutzen. Ich habe kein eigenes Auto mehr, vermeide, so gut es eben geht, Verpackungsmüll, kaufe biologische Lebensmittel ein… Ich tue also viel für mein gutes Gewissen, aber das Wissen um diesen Raubbau habe ich geflissentlich verdrängt. Bisher… Google (vielmehr Ecosia) hat mich wieder, dort, wo die KI keinen signifikanten Mehrwert – außer den der eigenen Faulheit – bietet.

Meine Tochter wiederum hat mir den Spaß an meinen KI-generierten Studio Ghibli-Bildern von mir selbst verdorben: Wir sind beide große Fans der Animes von Hayao Miyazaki, einem der Gründer des Studios und vor allem dessen unverwechselbarer Ästhetik. Daher fand ich meine ghiblisierten Selbstporträts auch sehr cool. Nicht so meine Tochter. Diese fand es fast schon perfide, dass ausgerechnet eine Bildsprache zu einem Datenmuster einer KI wird, deren Schöpfer explizit seine Abscheu vor dieser seelenlosen Technik geäußert hat und dessen Ästhetik auf sorgsam handgezeichneten Animationen beruht. Da Miyazaki, wie alle anderen kreativen Köpfe, deren Werke von den Tech-Konzernen hinter der KI gestohlen und plagiiert werden (oder wie soll man es anders nennen?) sich selbst nicht wehren kann, habe zumindest ich – schweren Herzens – meine „Ghibli“-Bilder wieder gelöscht.

Durch diese beiden Erfahrungen ist mein Skeptizimus, im philosophischen Sinne des allzeit kritischen Hinterfragens, wieder erwacht und meine Nutzung von KI bewusster und seltener geworden. Auch weil – leider – die Nutzung von KI über die entsprechenden Anbieter-Plattformen nicht ’nicht politisch‘ sein kann:

  • Wann immer ich KI nutze, akzeptiere ich, dass die Gesamtheit des menschlichen Wissens, kultureller Überlieferungen und künstlerischen Schaffens als verwertbare Ressource betrachtet und kostenfrei verwertet wird. „Wo allerdings das gesamte kulturelle Archiv zur Quelle von Trainingsdaten wird, schwindet der Wert des einzelnen Werks.“ (Roland Meyer, Zürcher Hochschule der Künste). Dies ist exakt die Argumentation des Meta-Konzerns gegen Ansprüche auf finanzielle Kompensation. Wann immer ich KI nutze, entwerte auch ich die Arbeit kreativer Menschen.
  • „Aus Sicht meiner Forschung ist die aktuelle Entwicklung der generativen KI „nur“ die konsequente Fortsetzung von Prozessen, die wir seit Jahrzehnten beobachten – also die Entwertung journalistischer Inhalte, Desinformation, Monopolisierung, die Verlagerung der Wertschöpfung von den Inhalten hin zu den monopolitischen Plattformen, die weitgehende Enteignung der Urheber, der Verlust einer geteilten Wahrheit und so fort. Es ist nur die letzte Stufe einer in sich konsistenten Entwicklung, die durch unsere massive Fehlregulierung des digitalen Raums überhaupt erst möglich wurde und die nun die Grundpfeiler von Journalismus und Demokratie in Frage stellt.“ (der Medienwissenschaftler Martin Andree im Interview).
    Als Nutzer:innen dieser KI sind wir nolens volens Teil dieser Entwicklung und akzeptieren diese.
  • Der aktuell einflussreichste Weg der KI-Entwicklung folgt einer Logik der schrankenlosen Expansion: immer neue unbeschränkte Datenressourcen, immer neue – unsere Lebenswelt zerstörende – Rechenkapazitäten. Diese Logik hat eine Affinität zu autokratischen Staatsmodellen, stört demokratische Kontrolle, das verzögernde Klein-Klein von Checks and Balances doch nur. So ist es vielleicht kein Zufall, dass KI-generierte Memes zur bevorzugten visuellen Propagandasprache der globalen Rechten geworden ist. Die Nähe ist nicht nur eine ästhetische, sondern, wenn wir an die aktuell einflussreichsten Plattformen denken, leider auch eine ideologische. Manche Kritiker:innen wir der Journalist Gareth Watkins oder die Kulturwissenschaftlerin Alexandra Minna Stern benutzen gar den Begriff des ‚digitalen Faschismus‘. Auch wenn der Begriff Faschismus in der letzten Zeit inflationär verwendet wird, lassen sich Parallelen nicht von der Hand weisen: anti-demokratisch (Regulierung und Kontrolle hemmt die Entwicklung der KI), Säuberung nach innen (anti-woke-Initiativen der relevanten Tech-Plattformen), Expansion nach außen (s.o. entfesselter Datenextraktivismus, „KI ist die neue Front“, J.D. Vance bei seinem Besuch in Europa).
    Als Nutzer:innen dieser KI sind wir nolens volens auch Teil dieser Entwicklung und unterstützen diese, indem wir für den Erfolg der Plattformen und der dahinter stehenden Konzerne sorgen.

Nein, ich werde die Nutzung von KI nicht einstellen. Aber ich werde die Notwendigkeit jeder Nutzung kritischer als bisher hinterfragen und mehr Energie auf die Recherche nach und Evaluierung von Alternativen verwenden, z. B. Le Chat von Mistral AI, einem europäischen Anbieter. Und ich hoffe, dass die Europäische Union den Weg der Regulierung weitergeht. Denn De-Regulierung bedeutet nicht Freiheit, sondern die Durchsetzung des Rechts des Stärkeren.

Anatomy of an AI System

Hand on heart: How often when you use the convenience of an AI do you think about the enormous effort behind it?

The AI Anatomy Map is an exploded view diagram that combines and visualizes three central, extractive processes that are required to run a large-scale artificial intelligence system: material resources, human labor, and data using Amazon’s Echo as example. It is worth a deep dive:

Go to the original website to see the picture in full scale.

Unfaire Algorithmen: Warum KI sexistisch ist

Unfaire Algorithmen: Warum KI sexistisch ist
generiert mit Midjourney

Ich möchte gerne den Podcast Mit Herz und KI des DUP Magazins empfehlen, z. B. die sehr hörenswerte Folge Patriarchat.exe läuft im Hintergrund – warum KI schockierend sexistisch ist:
Redakteurin Fanny Rosenberg spricht mit Eva Gengler, einer der führenden Stimmen für faire Algorithmen. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, ob mit KI gerade eine Zukunft programmiert wird, die eigentlich längst Vergangenheit sein sollte. Doch warum kommen KI-Technologien überhaupt als digitaler Chauvinist daher? Wie können wir diese maschinelle Diskriminierung erkennen? Und wie können wir uns von diesen tiefsitzenden Vorurteilen von KI-Systemen lösen?

KI und Wissensmanagement – WMOOC Live Session online

Die letzte Live Session unseres letzten Wissensmanagement-MOOC ist nun auch online: Prof.in (FH) Mag.a (FH) Barbara Geyer, PhD von der Hochschule Burgenland nimmt uns mit und gibt Einblick, wie sie persönlich KI-Tools als Unterstützung ihrer Arbeit, auch der wissenschaftlichen Arbeit nutzt.

Vielleicht diejenige Live Session die mein eigenes Arbeiten am konkretesten und praktischsten beeinflusst hat. Vielen Dank, Barbara! Und euch viel Spaß (Dauer 49’44 Min)

Wie KI unser Wissensmanagement verändert

Gerne möchte ich heute auf einen Vortrag meiner lieben ‚Kollegin‘ aus der GfWM, Sabine Wax, hinweisen: Am 17. März wird sie bei einer Online-Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Information und Wissen e.V. anhand einer von ihr entwickelten Lösung zeigen, wie KI Agents als Teammitglieder in Organisationsstrukturen eingebunden werden können. Ich habe mich schon mal angemeldet:

Vom Tool zum Teamplayer – Wie KI unser Wissensmanagement verändert – Deutsche Gesellschaft für Information & Wissen e.V.

Von der Terminologie zum Knowledge Graph

Es gibt wieder eine Aufzeichnung aus dem WMOOC auf dem open academy-Kanal. Dieses Mal mit Thiemo von Gillhaußen von Congree Language Technologies zu einem im Kontext KI hochaktuellen und spannenden Thema, nämlich Knowledge Graphs. Betrachtet wird die Frage, wie eine Terminologie, die viele Unternehmen seit Jahren bereits pflegen, genutzt werden kann, um Knowledge Graphs zu erstellen, die dann wiederum KI Lösungen ermöglichen. Viel Spaß! (Dauer 47’50 Min).

Übrigens, der WMOOC startet wieder am 3. Oktober. Aktuell stecken wir mitten in der Planung. Ideen und Vorschläge für neue Live Sessions sind immer willkommen! https://www.wissen-kommunizieren.de/kontakt/

Die KI, das implizite Wissen und die Expert:innen

Einige von euch erinnern sich vielleicht noch an die kleine Serie hier in meinem Blog vor fast einem Jahr, in der wir teilweise auch gemeinsam über Künstliche Intelligenz (KI) philosophiert haben (ist sie intelligent? ist sie kreativ? verfügt sie über Wissen?…).

Nun habe ich dazu heute Interessantes gelesen, und zwar von David Autor (Applying AI to Rebuild Middleclass Jobs. NBER Working Paper 32140). Autor geht explizit auf die Polanyischen Kategorien ‚explizites‘ und ‚implizites‘ Wissen ein, wenn er darlegt wie sich Digitalisierung und KI auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt haben und aktuell auswirken. Er argumentiert, das explizite Wissen, also das laut Polanyi gut verbalisierbare Wissen, sei bereits in den vergangenen Jahrzehnten der Digitalisierung in Computercodes und Algorithmen übertragen worden, wodurch Berufe der Mittelschicht, in denen es vorrangig um dieses Wissen geht, unter Druck gerieten. Ebenso wie minder qualifizierte Berufe, weil nun mehr Menschen in diese Berufe drängten. Profitiert hätten hoch qualifizierte Wissensarbeitenden: Computer hätten es diesen Expert:innen ermöglicht sich auf die Interpretation und (komplexe, Anm. der Autorin) Verwendung von Informationen zu konzentrieren, wofür es auf das implizite Wissen ankomme, das Computer bisher nicht nachbilden konnten.

Nun könne, so Autor, aber die KI Regeln eigenständig entwickeln und damit implizites Wissen, das schwer weiterzugeben ist, selbst erlernen: „Künstliche Intelligenz kann auf der Grundlage von Training und Erfahrung improvisieren. So kann sie Expertenurteile fällen – eine Fähigkeit, die bisher nur Eliteexperten vorbehalten war. Obwohl sie erst in den Kinderschuhen steckt (…)“.

Autors Theorie eines Statusverlusts von Expert:innen wird durch Studien aus der Praxis bestätigt. So haben beispielsweise Kolleg:innen von Autor am MIT Akademiker:innen unterschiedliche Schreibaufgaben gestellt, die einmal mit, einmal ohne Hilfe einer KI bearbeitet werden sollten. Dabei hat sich gezeigt, dass sich zwar alle mittels der KI verbesserten, sowohl hinsichtlich der Effizienz als auch des Ergebnisses, die schwächeren Schreiber aber deutlich mehr als die bereits guten. D.h. der Abstand zwischen Mittelbau und Elite wird mit KI geringer.

WMOOC Vorschau auf den Januar

WMOOC Vorschau auf den Januar
WMOOC

Mit dem Ende der dritten Woche haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am WMOOC 2023 nun auch schon das dritte und vorletzte Modul abgeschlossen und sich schöne und erholsame Weihnachtsferien verdient. Die WMOOC-Ferien dauern dieses Mal extra lang, nämlich bis zum 8. Januar, dann startet das vierte und letzte Modul mit dem Schwerpunkt: Praxisbeispiele.

Und natürlich gibt es dazu wieder tolle Live Sessions, die wir schon einmal vor ankündigen:

  • Am 11. Januar um 16 Uhr teilt Laura Rinker von der Universität Hohenheim aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema „Motivieren für den Wissenstransfer“ mit uns.
  • Ausnahmsweise erst am 30. Januar um 17 Uhr, also eigentlich schon nach dem offiziellen Ende des WMOOC, gibt uns Barbara Geyer-Hayden von der Hochschule Burgenland Einblick in ihr persönliches Wissensmanagement, und zwar insbesondere wie sie schon heute verschiedene KI-Tools nutzt, um die Produktivität ihrer Wissensarbeit zu steigern. Ich kann nur sagen: Ich habe bereits viele Anregungen diesbezüglich von ihr übernommen.
  • Dazwischen gibt es noch eine weitere Session, deren Termin noch nicht final feststeht: Erik Schulz vom Knowledge Management der DB Engineering nimmt uns mit in die Praxis des Wissensmanagements in seinem Unternehmen und seine Rolle als Wissensmanager.
  • Und schließlich werden Dirk und ich noch eine abschließende interaktive Live Session mit euch machen: Was hat euch am MOOC gefallen? Was sollten wir beim nächsten Mal anders machen? Der genaue Termin steht noch nicht fest. Trotzdem hoffen wir – zum Abschluss – schon mal auf eifrige Teilnahme, gell?

Wie immer sind Gäste bei allen Live Sessions herzlich willkommen. Bei Interesse einfach bei mir melden!

Von der Terminologie zum Knowledge Graph – Live Session im WMOOC

Von der Terminologie zum Knowledge Graph – Live Session im WMOOC
WMOOC

In der nächsten Woche werden wir uns im WMOOC einem hochaktuellen Thema widmen (Stichwort KI):

Von der Terminologie zum Wissensgraph , mit Thiemo von Gillhaußen, Head of Business Unit Congree Content Analytics, Congree Language Technologies GmbH

Wissensgraphen sind zu einer wichtigen Komponente der maschinellen Intelligenz geworden, die allgegenwärtige digitale Assistenten antreibt. Wir zeigen Ihnen, wie Sie toolgestützt einen Wissensgraphen aus vorhandener Terminologie ableiten können.
Stichpunkte zum Inhalt:

  • Was ist eine Terminologie
  • Was ist ein Wissensgraph
  • Warum sollte ich mich mit Wissensgraphen und Ontologien beschäftigen?
  • Warum ist die Terminologie ein geeigneter Startpunkt für den Aufbau eines unternehmensweiten Wissensgraphen

Thiemo von Gillhaußen verantwortet den Unternehmensbereich New Language Technologies bei Congree. Darunter fallen auch die Themen rund um Information Extraction, Content Classification, Text Mining bis hin zum Knowledge- und Ontologieaufbau. Bei seinen früheren Tätigkeiten beschäftigte er sich mit modularer Informationserstellung, der Aufbereitung und Analyse von Massendaten sowie dem bestmöglichen Zugang zu diesen Inhalten. Eines der Kernthemen ist dabei schon immer die Strukturierung von Daten zur Bereitstellung der enthaltenen Informationen.

Termin: Dienstag, 5. Dezember 2023, 11 Uhr

Einwahldaten gibt es wie immer direkt bei mir.