Lernende Organisation

Wie Roboter lernen wie Menschen

Im Wissensmanagement beschäftigen wir uns immer wieder mit der Frage, wie wir lernen und wie letztlich Wissen entsteht. Diese Frage beschäftigt auch die Forscher auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und der Robotik. Einer von ihnen ist Sami Haddadin, Leiter der Munich School of Robotics and Machine Intelligence.

Bei einem Vortrag an der Leibniz Universität Hannover demonstriert er gemeinsam mit Roboter Franka sehr eindrücklich, wie ein Roboter bzw. eine künstliche Intelligenz lernen kann, und zwar nicht durch die (stupide) Analyse millionenfacher Datensätze, sondern durch eine Nachahmung des menschlichen Lernprozesses: in a balance of exploitation and exploration (Haddadin). Das Video verdeutlicht nicht nur, wie Maschinen schon heute lernen können, sondern zeigt auch sehr schön, wie eigentlich unser menschlicher Lernprozess im Grunde funktioniert:

Vor Kurzem nun hat Haddadin das Experiment noch weiter getrieben: Bei einer Veranstaltung in der Pinakothek der Moderne hat er maschinelles kollektives Lernen demonstriert. Er stellte mehreren Robotern die Aufgabe ein Schloss zu öffnen. Wie in obigem Video lediglich durch Ausprobieren. Wie bei Franka in Hannover braucht es eine ganze Weile, bis der erste es schafft, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. In einem zweiten Durchgang verbindet Haddadin die Roboter über das Internet. Sobald nun einer von ihnen einen Fehlversuch macht, lernen die anderen automatisch, dass es so nicht geht und wiederholen den Fehler bereits nicht mehr. Nach einer sehr kurzen Zeit schon stecken alle Schlüssel gleichzeitig im Schloss. Leider, leider gibt es von dieser Veranstaltung kein Video.

Wie schön hätte man dieses in Vorträgen und Workshops zum Thema Corporate Learning, Lessons Learned usw. verwenden können, gell?
Und auch ein wenig Schwindelgefühl: Die Roboter lernen wie Menschen lernen, was die Menschen lehrt, wie sie lernen…

Macht die digitale Transformation Wissensmanagement obsolet?

Macht die digitale Transformation Wissensmanagement obsolet?
Bildquelle: integrify.com

Diese Frage stellte mir zum Jahresauftakt einer meiner Kunden in einem KM Strategy Talk, den wir regelmäßig führen. Anlass also, mich etwas intensiver mit dem Verhältnis von Digitalisierung und Wissensmanagement gedanklich auseinanderzusetzen. Hier meine Ideen (die Sie gerne kommentieren oder weiterführen dürfen):

  • Trotz vieler verheißungsvoller oder auch erschreckender Zukunftsszenarien, die mit Blick auf das maschinelle Lernen und künstliche Intelligenz entworfen werden, befinden wir uns beim Thema Digitalisierung in den Organisationen heute de facto nach wie vor auf der Stufe Daten- und Informationsmanagement. Wenn wir an die Northsche Wissenstreppe denken, kann eine wesentliche Aufgabe von Wissensmanagement darin bestehen, den Schritt von Daten und Informationen zu Wissen, zu unterstützen. Dieser ist m.E. derzeit noch in den meisten Szenarien ein zu tiefst menschlicher. Das ist nun gewiss nicht neu, doch wird diese Aufgabe aufgrund des (über)mächtigen Drucks, den die Fülle an Daten und Informationen ausübt, drängender. Dazu kann die Aufbereitung von Daten und Informationen, Stichwort Visualisierung, ebenso gehören wie das Erlernen der Kunst, die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten zu verstehen. Wissensmanagement also unmittelbar an der (technischen) Schnittstelle zum Daten- und Informationsmanagement.
  • Nicht nur die Unternehmen, auch die Menschen sind mit der Daten- und Informationsflut überfordert (vgl. Artikel der RWTH Aachen). Der Bedarf an Überblickswissen, an Prozess- und Systemverständnis steigt. Auch hier kann Wissensmanagement Nutzen stiften:
    • in einer zunehmenden Verschmelzung von Wissensmanagement und Personalentwicklung im Sinne eines corporate learning durch die Unterstützung prozessintegrierten und kontinuierlichen Lernens
    • durch die Befähigung zum persönlichen Wissensmanagement (auch mit dem Ziel einer ausgeprägten Ignoranzkompetenz) mit dem Ziel der produktiven Wissensarbeit
    • durch die Unterstützung einer Vernetzung der Köpfe als Gegenpol zur Vernetzung von Daten und Informationen; gerade in Zeiten der Digitalisierung ist der Community-Gedanke vielleicht einer der wirkmächtigsten
  • Natürlich wird auch die Zusammenarbeit immer stärker virtualisiert (dezentrale Teams, mobiles Arbeiten usw.). Vielleicht ist ja Virtualisierung viel eher das Neue, das wir aktuell erleben, und nicht die Digitalisierung, die ja im Grunde mit dem Rechnerzeitalter schon vor Jahrzehnten begonnen hat. Aber das ist ein anderes Thema. Für die Kollaboration in virtuellen Teams und Netzwerken gibt es zahlreiche smarte IT-Tools, doch auch hier erleben wir in vielen Organisationen ein Scheitern, weil der Bedarf an Orientierung nicht erkannt, oder nicht akzeptiert wird. Hier kann Wissensmanagement konkrete Use Cases, gegebenenfalls heruntergebrochen auf entsprechende Templates, entwickeln, die diese Form der Kollaboration und des Wissensaustausches optimal unterstützen. Mit Blick auf den Einzelnen passiert etwas ähnliches ja gerade mit den so genannten digital workplaces. Auch hier sollte Wissensmanagement seine Perspektive einbringen, denn der digital workplace ist in erster Linie ein knowledge workplace.
  • A propos, workplace: Bei aller Digitalisierung und Virtualisierung hat in den letzten Jahren auch die Frage nach der besten physischen Arbeitsumgebung mächtig Fahrt aufgenommen. Organisationen investieren deutlich in neue Bürokonzepte usw. Auch hier kann und sollte sich Wissensmanagement einbringen: Wie können Kommunikation und Wissensfluss, aber auch konzentrierte individuelle Wissensarbeit durch entsprechende räumliche Settings unterstützt werden?
  • Und schließlich, bleibt eine alte Herausforderung nicht nur erhalten, sondern gestaltet sich in Zeiten rasanten Wandels und anflutender Daten und Informationen ungleich drängender, nämlich die Frage nach dem relevanten Wissen – für die Organisation genauso wie für den Einzelnen, mit Blick auf Hier und Heute genauso wie mit Blick auf die Zukunft. Es wird Zeit, Wissensmanagement als strategischen Akteur zu positionieren!

Die Project Handover Map

Die Project Handover Map
Budapest

In der letzten Woche habe ich am ungarischen Standort eines deutschen Kunden ein Training zur Methode Expert Debriefing gehalten, also zum Wissenstransfer beim Wechsel bzw. Weggang von Mitarbeitenden. Wir waren gespannt, inwieweit diese Methode, die sich in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum bewährt und verbreitet hat, auch in einem internationalen Kontext funktionieren kann. Für alle Debriefer die beruhigende Nachricht: sehr gut – zumindest in einem Kontext, der dem deutschen noch nicht allzu unähnlich ist.

Interessant während dieses Trainings war jedoch vor allem eine andere Sache: Wie auch schon bei Trainings an den deutschen Standorten des Konzerns war ein Handover im bzw. von Projekten stark im Fokus. Also weniger der Transfer einer gesamten Job Role mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen als vielmehr die Übergabe eines Projekts insgesamt oder aber einer (tragenden) Rolle in einem noch laufenden Projekt.

Die Mitarbeiterin meines Kunden, die lokal in Budapest das Expert Debriefing sehr engagiert vorantreibt, hatte sich dazu bereits Gedanken gemacht, die wir im Workshop gemeinsam reflektiert und die ich im Anschluss noch einmal modifiziert habe. Die Idee ist, eine angepasste Grundstruktur der Mindmap dem Debriefing-Prozess, der weiterhin aus einer Reihe von Gesprächen / Interviews bestehen wird, zugrunde zu legen. Hier der aktuelle Stand der Überlegungen:

(c) Gabriele Vollmar

Wie ist Ihre Meinung? Haben wir an die wesentlichen Punkte für eine Projektübergabe gedacht?

Ich freue mich auf ein kurzes Feedback.

P.S.: Wenn Sie sich grundsätzlich für die Methode Expert Debriefing für den Wissenstransfer beim Personalwechsel interessieren, finden Sie hier ein kurzes Erklärvideo.

 

 

 

Zur Rolle von Bibliotheken in der Informationsgesellschaft

Zur Rolle von Bibliotheken in der Informationsgesellschaft
Bibliothek meiner Heimatstadt Reutlingen

Wie wir alle wissen, gibt es Wissensmanagement irgendwie schon immer – vor allem in (öffentlichen) Bibliotheken. Leider sind diese in den letzten Jahren ein wenig aus unserer Wahrnehmung verschwunden. Oder wann waren Sie das letzte Mal in Ihrer Stadtbibliothek? Hat Ihr Unternehmen eine Bibliothek? Die Sie nutzen?

Ein sehr interessantes Radio-Feature zur Rolle der Bibliothek in der Informationsgesellschaft hören Sie hier mit Hannelore Vogt, Direktorin der Stadtbibliothek in KölnClaudia Lux, Professorin für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität und Andreas Mittrowann, Coach für Strategieentwicklung.

Brauchen wir Bibliotheken noch in Zeiten des Internets? Und welche Rolle können Sie für unser Lernen immer noch oder immer wieder neu spielen?

 

Bildquelle: Stadt-Reutlingen.de

a teachable moment

A teachable moment is an unplanned opportunity that arises and where one has a chance to gain and offer insight.
A teachable moment is not something that you can plan for; rather, it is a fleeting opportunity that must be sensed and seized.

Wann hatten Sie Ihren letzten teachable moment?

Und was haben Sie dabei gelernt? Oder was konnte jemand anderes von Ihnen lernen?

 

Zitat nach www.thoughtco.com

Videoaufzeichnungen der letzten DGQ-Webinare verfügbar

Wie berichtet, haben meine GfWM und DGQ Fachkreis-Kollegin Ute John und ich in den letzten Wochen zwei Webinare im Kontext „Umgang mit Wissen in der ISO 9001:2015“ gehalten, mit sagenhaften über 150 Teilnehmern an den beiden Terminen.

Nun stehen die Aufzeichnungen dieser Webinare online zur Verfügung:

Webinar vom 23.05.2018

Webinar vom 19.06.2018

Eine kleine Einschränkung: Der Zugriff ist nur für DGQ-Mitglieder möglich. Aber wer möchte, kann eine kostenfreie 90-tägige Schnuppermitgliedschaft abschließen…

Agil, aber mit Rückgrat

Agil, aber mit Rückgrat
yoga by sattva

Ich betreibe Yoga, schon eine ganze Weile. Also eine Bewegungsart, die viel mit Beweglichkeit (körperlich und geistig) zu tun hat. Wer von Ihnen auch schon einmal Yoga gemacht hat, weiß, dass diese Beweglichkeit einher geht mit Kraft und Stabilität. So strebt der Baum, eine bekannte Balancehaltung, nicht nur nach oben, sondern ist über die Kraft der Beine auch fest verwurzelt im Boden. Zentrum vieler Haltungen und damit auch Ankerpunkt der Beweglichkeit ist der Rücken, die Wirbelsäule.

Warum erzähle ich das alles?

Beweglichkeit oder eben Agilität ist derzeit ein intensiv diskutiertes Thema. Die agile Organisation gilt als zeitgemäß und damit erstrebenswert. Und ja, Organisationen werden immer agiler, ob nun freiwillig oder den sich verändernden Umweltbedingungen geschuldet. Das heißt für Wissensmanagement, dass auch der Umgang mit Wissen beweglicher werden muss, um in einer agilen Organisation nicht nur zu funktionieren, sondern auch, um die Organisation (auf dem Weg zur) in ihrer Agilität zu unterstützen.

Agiles Wissensmanagement ist für mich vor allem die Vernetzung der Köpfe. Denn im Kopf kann sich Wissen am schnellsten entwickeln, anpassen, die Richtung ändern… Aber reicht das schon aus? Und wie kann Vernetzung überhaupt stattfinden in nicht nur zunehmend agilen, sondern auch zunehmend unübersichtlichen Organisationen? Nun, es braucht, wie im Yoga, eine stabile Mitte, einen stabilen Bezugspunkt. Das kann nun aber nicht mehr die Organisationsstruktur sein. Was aber dann? Antwort: Eine einheitliche Taxonomie, also eine einfache Semantik in Form eines Kategorienbaums. Diese Kategorien bilden die Organisation in ihren Inhalten ab und ist daher per se ein sehr guter Referenzpunkt für das Wissen der Organisation. Über gemeinsame Inhalte und Themen finden die Köpfe zueinander. Über die Kernthemen der Organisation wurzelt der Baum stabil in der Erde, in seinen Verästelungen strebt er himmelwärts, wächst und verändert sich nach Bedarf.

Eine Taxonomie kann so zur Wirbelsäule eines agilen Wissensmanagements bzw. von Wissensmanagement in einer agilen Organisation werden, die beweglich macht durch Stabilität.

Was meinen Sie?

 

Bildquelle: www.elbosquenatural.com

It’s never perfect…

Gerade höre ich einen Townhall-Vortrag eines meiner Kunden zum strukturellen Umbau einer der zentralen Konzerneinheiten. Die Referentin betont, dass die neue Bunsiness Unit eine „learning organization“ sein soll. Und hier nun das Zitat, das mich zu diesem Blogeintrag verführt hat:

„Of Course, it’s never perfect. It’s learning…“.

Müssen wir uns die Lernende Organisation also als ‚perpetual beta‘ vorstellen? Ein interessanter Gedanke. Und so wunderbar agil, gell?

neues Erklär-Video zum Wissensgarten online

Ich freue mich, dass ich Ihnen wieder tolle Erklärvideos der Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Württemberg präsentieren darf, die bei mir das Modul Wissensmanagement belegt haben.

Los geht es mit „meinem“ Wissensgarten-Modell, erklärt von Ruben Ebersold. Viel Spaß!

 

Und noch ein „Nachtrag“ zum Blog der letzten Woche: Leider sind wir mit unserem WMOOC nicht unter den Preisträgern des OER Awards (Open Educational Resource). Wir freuen uns aber auf jeden Fall über die Nominierung in den Kategorien „Hochschule“ und „OER Geschäftsmodell“, die bei fast 90 Bewerbungen schon ein toller Erfolg ist und uns in Sachen ehrenamtliches Engagement weiter motiviert.