Wissensarbeit

Eine persönliche Reise zum Wissensmanagement

Im Rahmen meines Lehrauftrages „Wissensmanagement“ an der Universität Duisburg-Essen habe ich den Studierenden die Aufgabe gestellt, ein Wissensmanagement-Grobkonzept für Ihre jeweilige Organisation (der Studiengang ist berufsbegleitend) zu erstellen. Nun ist einer der Studierenden, Serge Enns, freiberuflich tätig, was ihn hinsichtlich dieser Aufgabe vor eine Herausforderung gestellt hat. Er hat sich entschieden nicht anhand eines fiktiven Fallbeispiels zu arbeiten, sondern das Thema ‚Persönliches Wissensmanagement‘ näher zu beleuchten und dabei eine ebenso ganz persönliche Wissen- und Wissensmanagement-Strategie zu entwickeln.

Da er außerdem leider seine Überlegungen in der entsprechenden gemeinsamen Online-Session nicht persönlich vorstellen konnte, hat er sein Arbeitsergebnis in Form eines YouTube-Videos eingereicht.

…wovon Sie nun profitieren, denn freundlicherweise darf ich diese sehr inspirierenden und ganz persönlichen Überlegungen zum Persönlichen Wissensmanagement mit Ihnen teilen. Vielen Dank, Herr Enns!

Was ist ein Wissensmanager?

Was ist ein Wissensmanager?
kletterhilfe

Gestern habe ich ein schönes neues Wort gelernt, und zwar von einem Schweizer Studierenden in meinem Wissensmanagement-Modul an der Universität Duisburg-Essen. Er sprach in seinem Vortrag von einem „Gelingensunterstützer“. Das gefällt mir.

Ein Wissensmanager (oder auch eine Führungskraft, weil jede Führungskraft ist per se auch Wissensmanager?) ist ein Gelingensunterstützer für gute Wissensarbeit und für kollektives und organisationales Lernen.

Was meinen Sie zu dieser Definition? Wer von Ihnen findet sich hier als Wissensmanager wieder?

 

Bildquelle: www.erlebnisgeschenke.de

Orientierungslos

Orientierungslos
Shanghai Wegweiser

In den letzten Wochen habe ich einige Inhouse-Seminare bei unterschiedlichsten Organisationen sowohl der Privatwirtschaft als auch des öffentlichen Sektors gegeben. Alle legten einen Schwerpunkt auf persönliches Wissensmanagement bzw. eine Art bottom-up empowering des einzelnen Wissensarbeiters.

Dagegen ist nun nichts einzuwenden. Meine Lieblings- (und auch eigene) Definition von Wissensmanagement ist ja auch, dass Wissensmanagement förderliche Rahmenbedingungen für produktive Wissensarbeit gestaltet. D.h. im Mittelpunkt steht die Wissensarbeit und damit der (einzelne) Wissensarbeiter. Eine Befähigung zur produktiveren Wissensarbeit ist also ein wesentliches Element dieses Rahmens. Aber ein Rahmen besteht nicht aus nur einem Element – wäre doch ganz schön löchrig, gell?

Mich beschleicht zunehmend das ungute Gefühl, dass Organisationen sich – nach wie vor – scheuen, das dicke Brett eines echten organisationalen Wissensmanagements zu bohren und stattdessen versuchen ganz smart den Ball an die Mitarbeiter zu spielen. Nach dem Motto: Wenn jeder für sich ein gutes Wissensmanagement macht, dann passt es auch für die Organisation.

Nun ist aber bekanntermaßen eine Organisation mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Und persönliches Wissensmanagement stößt ohne ein kompatibles organisationales allzu rasch an seine Grenzen.

Und das merke nicht nur ich als bekennende WM-Strategie-Predigerin, sondern auch die Mitarbeiter selbst. In allen Seminaren der letzten Wochen wurde nämlich ein organisationsweiter Orientierungsrahmen in Sachen Wissensmanagement schmerzlich vermisst und deutlich eingefordert. Ob diese Forderung nun aber auch an der richtigen Stelle gehört wird…? Die Führungskräfte waren bei allen Trainings sehr dünn gesät.

 

P.S.: Eine Lernende Organisation ist auch mehr als eine Organisation, die ihren Mittgliedern ermöglicht individuell zu lernen, oder etwa nicht?

 

learning tracker

learning tracker
Fitness Tracker oder Learning Tracker

Letzte Woche hatte ich zu meinem großen Vergnügen mal wieder Blockvorlesung zu „Wissensmanagement-Strategie“ an der DHBW Baden-Württemberg (Masterstudiengänge Informatik und Wirtschaftsinformatik) und dabei haben mir die Studierenden beim Thema „Persönliches Wissensmanagement“ die kritische Frage gestellt, ob und wenn ja, wie ich es denn schaffte, diszipliniert zu lernen und mein Wissen gezielt zu erweitern.

Uff, erwischt, oder? Der Schuster und seine Leisten usw.

Ich habe dann – quasi öffentlich in der Vorlesung, thinking out loud – über meine Lernmotivation und -motivierung nachgedacht und festgestellt, dass ein Anreiz, der bei mir persönlich in Sachen regelmäßigen Sports sehr gut funktioniert, vielleicht auch für das Lernen funktioniert: eine Tracking App, also eine App, die meine Lern-Events trackt und eventuell auch aktiv erinnert, wenn ich beispielsweise während einer Woche kein einziges Mal gelernt habe.

Wie gesagt, was die Erfüllung meines persönlichen Zieles, mehrfach die Woche Sport zu treiben, angeht, funktioniert dieser Anreiz und Ehrgeizkitzler sehr gut. Ich überlege noch, wie ich das als Learning Tracker umsetzen könnte. Ideen sind willkommen…

 

Bild: http://www.choice.com.au

Digitalisierung bedingt Demokratisierung?

Digitalisierung bedingt Demokratisierung?
demokratie

In den letzten Wochen und Monaten beherrscht die so genannte Zukunft der Arbeit (oder Arbeit der Zukunft?) mehr und mehr auch die Schlagzeilen in den Nicht-Fach-Medien und dabei geht es immer wieder um zwei Megatrends: Digitalisierung der Arbeit und Demokratisierung der Arbeit.

Ich frage mich nun: Sind dies zwei unabhängige, lediglich zeitlich koinzidierende Entwicklungen? Oder bedingt die Digitalisierung die Demokratisierung? Und wenn ja, wodurch?

Einige Thesen:

  • Durch die Digitalisierung wird Arbeit zunehmend zu Wissensarbeit und damit verkehren sich die „Herrschafts- und Machtverhältnisse“ in der Organisation: Der Arbeitnehmer wird zum Wissensgeber und der Arbeitgeber zum Wissensnehmer.
  • Als digitale Wissensarbeiter werden Menschen außerdem zunehmend unabhängig von Organisationen: Wo ein Fließbandarbeiter noch eine (teure) industrielle Infrastruktur benötigt, um seine Arbeitskraft überhaupt einsetzen zu können, braucht ein Wissensarbeiter eine Organisation nur noch bedingt: als Ort potenzieller Interaktion mit anderen Wissensarbeitern. Als Ort eines erleichterten, erweiterten Zugangs zu Informationen. Als Ort potenzieller Effizienzsteigerung durch die (temporäre) Nutzung von Strukturen. Erneut: Machtverschiebung zugunsten des Individuums.
  • Die durch die Digitalisierung befeuerte Daten- und Informationsflut, die hohe Wissensdynamik bedingen, dass Kooperation im Sinne eines gemeinsam Wirken an Bedeutung gewinnt. Der individuelle Informations- und Wissensarbeiter braucht andere, um das rasant mit dem Wissen mitwachsende Feld seines Unwissens zu vermessen und ggf. zu explorieren. Und Vernetzung ist per se erst einmal flach und horizontal, nicht hierarchisch-vertikal.
  • Durch die Digitalisierung findet eine Virtualisierung der Grenzen der Organisation statt. Der dadurch bedingte immer freiere Zugriff auf Informationen, die freie Möglichkeit zur individuellen (Wissens-)Entwicklung führt zu einem freieren Denken und zu einem Anspruch auf Freiheit und Entfaltung (bei eben nur gering wahrgenommenen (organisationalen) Begrenzungen).

Sie sehen schon, die vielen Parenthesen machen deutlich, wie der Kopf noch arbeitet und sich müht. Frei nach Kleist werden die Gedanken erst beim Schreiben verfertigt. Work in Think Progress also.
Vielleicht haben ja auch Sie noch weitere Thesen? Oder Lust die oben genannten fortzuführen. Ich freue mich auf Feedback!

 

Bild: gbw.at

Wo bleibt das Leben, wenn wir arbeiten?

Wo bleibt das Leben, wenn wir arbeiten?
Blick in die DEXINA-Arbeitswelt

Letzte Woche haben wir, ‚wir‘ heißt das Stuttgarter Regionaltreffen der GfWM, das Unternehmen DEXINA besucht, um uns dort eine so genannte neue Arbeitswelt einmal live anzuschauen.

Alles begann damit, dass sich Heiner Scholz, Gründer und Geschäftsführer der DEXINA GmbH vor ein paar Jahren fragte, wo eigentlich das Leben bleibt, wenn wir arbeiten. Work-Life-Balance war für ihn nicht genug, vielmehr sollte es um LIVE AT WORK (Leben bei der Arbeit) gehen. Dieses Konzept bestimmt heute nicht nur den Alltag der DEXINA-Mitarbeiter, sondern wird als Beratungs-, Coaching- und Entwicklungskonzept auch weiter vertrieben.

Das Ziel von LIVE AT WORK ist es, „Arbeit zu einem Sinnstifter und Freudegenerator“ zu machen, so Sandra Dambacher-Schopf, die Pressereferentin des Unternehmens, die uns durch die DEXINA-Arbeitswelt – sprich modern eingerichtete Open Space-Büros in Böblingen, führte. Es gehe nicht darum, Leben und Arbeiten auszubalancieren, sondern vielmehr zu integrieren und darüber eine emotionale Verbundenheit mit der Arbeit zu schaffen. Und dabei spielen die räumlichen Gegebenheiten eine entscheidende Rolle. Weshalb Räume, nach der DEXINA-Philosophie, auch von innen heraus, aus der Identität des Unternehmens und seiner Menschen heraus entwickelt werden sollten. Am Beginn eines Raumkonzepts steht also die Identitätssuche des Unternehmens. Dann werden die Mitarbeiter nach ihren konkreten Bedürfnissen befragt.

Im Falle von DEXINA selbst beruht die Arbeitswelt auf dem Konzept der Open Spaces, inklusive Gemeinschaftsküche, Kinderbüro, abgeschiedenen Denkerzellen und – das beeindruckte uns mit am meisten – Wänden, die dank einer Spezialfarbe komplett als „Whiteboards“ bis unter die Decke fungieren. Hinzu kommen spezielle statisch aufgeladene Zettel, die sogenannten DEXits, die Dexina mittlerweile in einem eigenen Online-Shop vertreibt und die problemlos auch an den Fenstern haften. Und die Mitarbeiter machen überall ausgiebig Gebrauch von den Möglichkeiten ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen.

Laut Dambacher-Schopf ist die Umsetzung des Konzepts bei DEXINA stark auf Mitarbeiter der Generation Y ausgerichtet, also Mitarbeiter, die sich bedingungslos einsetzen, wenn die Arbeit sinnstiftend ist, die für sich selbst und ihr Tun die Verantwortung übernehmen und die Freiraum zur Selbstverwirklichung beanspruchen – schließlich liegt der Altersdurchschnitt bei DEXINA bei 33 Jahren. Aber Achtung: Die konsequente Umsetzung eines solchen Konzepts bedingt auch, dass es für so machen Mitarbeiter genauso nicht passend ist und in seiner Radikalität auch nicht einfach (er)tragbar. Sicherlich kein Patentrezept für jede Art von Organisation.  Aber vielleicht doch ein Hinweis, wie die konkrete Gestaltung der Arbeitsumgebung im „war for talents“ oder auch im Kampf um den Wissensarbeiter zunehmend wichtig wird. Neben zahlreichen Auszeichnungen, darunter den New Work Award und den German Design Award, zeigt sich der Erfolg des Konzepts für DEXINA nach eigener Aussage unter anderem auch in 400% mehr Initiativbewerbungen, 29 Prozent weniger Krankheitstage und 4 Mal mehr Kindern.

Wer neugierig geworden ist: In diesem Video erläutert Heiner Scholz selbst seine Ideen zu Leben bei der Arbeit:

Modul 1 des WMOOC erfolgreich beendet, weiter geht es mit Modul 2

Modul 1 des WMOOC erfolgreich beendet, weiter geht es mit Modul 2
WMOOC

Das erste Modul unseres MOOC (Massive Open Online Course) zu Wissensmanagement – übrigens der erste deutschsprachige MOOC zu Wissensmanagement – ist nun zu Ende und die Teilnehmer dürfen sich nach reichlich Grundlagenwissen zum Thema nun über eine Woche „Ferien“ bis zum Start des zweiten Moduls freuen. Im zweiten Modul wird die strategische und nachhaltige Einführung von Wissensmanagement im Fokus stehen.

Besonders freuen Dirk Liesch und ich uns darüber, dass wir aktuell 389 registrierte Teilnehmer haben – über ganz Deutschland verteilt. Und nicht nur, wir freuen uns auch über einen Teilnehmer in Polen, einen Teilnehmer in Indien und einen Teilnehmer in Syrien.

Wenn Sie noch nicht eingeschrieben sind, es ist nie zu spät: Link zum MOOC

Gerne dürfen Sie auch die bisherigen Lehr- und Lerninhalte nutzen, die ja dauerhaft als frei verfügbare so genannte Open Educational Resource im Internet verfügbar sein werden. OER-Inhalte zu Modul 1 „Grundlagen“.

Das Zusammenstellen und Erstellen von Inhalten für den MOOC bzw. das OER hat nun auch dazu geführt, dass ich einen Youtube-Kanal mit kurzen Erklärvideos eingerichtet habe. Drei gibt es dort schon (Bausteine-Modell, SECI-Modell, WM-Audit), weitere werden folgen. Ich freue mich, wenn Sie mir dort eine kleine Nachricht hinterlassen oder den Kanal gar abonnieren. Natürlich dürfen Sie diese Videos, gerne mit Angabe der Quelle, auch für Ihren Kontext nutzen.

Soweit ein kleiner Zwischenstand in Sachen WMOOC und andere Aktivitäten. Nun muss ich weiter an den Inhalten für Modul 2 arbeiten…

Mehr Demokratie!

Diese Woche erreichte mich eine Meldung der GfWM, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

Studie zu innovationsförderlichen Arbeitswelten: Überraschend starker Wunsch nach Freiheit und Demokratie

Eine aktuelle Befragung im Auftrag der Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM), der ZukunftsAllianz Arbeit & Gesellschaft e.V. (ZAAG) und des Personaldienstleisters Hays zeigt, was Berufstätigen wichtig ist, um in ihrem Arbeitsumfeld innovativ zu sein. Die Studie wurde am heutigen Dienstag in Berlin vorgestellt.

Berlin/Frankfurt, 04.10.2016. Der Ruf nach freiheitlichem Arbeiten ist in Deutschland stark: Zwei von drei Berufstätigen wollen mehr Freiheit und Souveränität bei der Gestaltung ihrer Arbeit. Zudem wünschen sie deutlich mehr Demokratie: Drei von vier würden ihr Engagement erhöhen, wenn sie über neue Produkte und Entwicklungen mitentscheiden dürften. Und 80 Prozent meinen, dass mit einer stärkeren Teilhabe an firmenrelevanten Entscheidungen die Produktivität ihres Unternehmens steigen würde. Stärker Einfluss nehmen möchten Berufstätige auch beim Thema Führung: 85 Prozent der Befragten möchten schlechte Führungskräfte gerne abwählen, 70 Prozent möchten Führungskräfte nur auf Zeit wählen. Aus gutem Grund: Vier von zehn Berufstätigen finden, dass die Führungskräfte in ihrem Unternehmen Veränderungen blockieren und neue Ideen abprallen lassen. Dies sind die Kernergebnisse einer empirischen Befragung von knapp 1.200 Berufstätigen, die die TU München im Auftrag der ZukunftsAllianz Arbeit & Gesellschaft, der Gesellschaft für Wissensmanagement und des Personaldienstleisters Hays durchgeführt hat.

In Sachen Freiheit zählen für die befragten Berufstätigen ihre individuellen Freiheitsräume deutlich mehr als strukturelle innerhalb ihrer Organisation. So erzielen die freie Wahl von Arbeitszeit und -ort, Vertrauen in die Mitarbeiter und Freiheit für den eigenen Stil stärkere Zustimmungen als flexible Organisationsstrukturen. Neben der Einflussnahme auf ihre eigenen Arbeitsbedingungen erwarten die Befragten vor allem eine Stärkung der Experimentierkultur in ihrem Unternehmen, um innovativer zu agieren.

„Damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Wissen und ihre Potenziale optimal einbringen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Die Befragung zeigt, dass es hier noch viel Nachholbedarf hinsichtlich freiheitlicher und partizipativer Konzepte gibt. Gleichwohl existiert eine Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme, wenn insbesondere Einflussnahme auf eigene Arbeitsbedingungen, auf Vertrauen basierende Führung oder individuelle Experimentierräume gefordert werden“, führt Dr. Stefan Rehm, Präsident der GfWM, aus.

Thomas Sattelberger, Vorstandsvorsitzender der ZAAG ergänzt: „Es ist höchste Zeit, mit neuen Arbeits- und Führungsformen zu experimentieren. Althergebrachte Hierarchien, eine antrainierte Kultur der Abhängigkeit und unflexible Arbeitsprozesse behindern Innovation und Veränderungsgeist. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es mehr Freiheit und Partizipation in deutschen Unternehmen.“

Für die Studie befragte der Lehrstuhl für Strategie & Organisation der Technischen Universität München im Februar insgesamt 1.180 Berufstätige im Alter von 16 bis 65 Jahren über Branchen, Unternehmensgrößen und Positionen hinweg. Im Rahmen der Online-Befragung bewerteten sie, welche Dimensionen und Kriterien ein innovatives Arbeitsumfeld auszeichnen.

Zum Download der Studie.