Wissensmanagement

Die Ratlosigkeit der Experten

…so titelte am Sonntag die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. In dem Artikel ging es – wie sollte es anders sein – um die aktuellen Entscheidungen rund um Covid-19, vornehmlich um die Diskussionen um mögliche Lockerungen und die Stellungnahmen unterschiedlicher Expertengremien dazu.

Das Belastende, aber gegebenenfalls auch für die Zukunft Lehrreiche an dieser neuartigen Situation ist, dass wir sowohl als Gesellschaft als auch als Individuen gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen, obwohl die uns zur Verfügung stehende Daten- und Informationsbasis, vor allem aber die Wissens- und Erfahrungsbasis unzureichend sind. So schreibt die FAS: „Da hilft es auch nichts, dass das Ifo- und das NRW-Papier Task Forces auf Bundes- und Länderebene vorschlagen, die ‚alle relevanten Informationen unter Berücksichtigung medizinischer, gesellschaftlicher und wirtschaftliche Risiken sammeln und auswerten‘ sollen. Natürlich ist es in der durch so viele Ungewissheiten gekennzeichneten Lage besonders notwendig, die Datenbasis zu vergrößern. Doch sich allein von mehr Daten auch einsichtige Kriterien zu erwarten, hieße sich am Schopf aus dem Sumpf ziehen zu wollen.“

Data und eben auch Big and Bigger Data ist eben noch kein Wissen und taugt nur sehr bedingt als Entscheidungsgrundlage. Nämlich nur dann, wenn da jemand ist, der weiß, welche Fragen die richtigen sind, die an die Daten gestellt werden sollten.

Und dies wiederum setzt Präzedenzfälle voraus. Präzedenzfälle, die gerade auch für das vielbeschworene Prinzip der Verhältnismäßigkeit von Entscheidungen notwendig sind. Dazu der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio (ebd. in der FAS): „Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit setzt Einzelfälle voraus, die mit einem einigermaßen gesicherten Wissen oder Erfahrungshintergrund beurteilt werden können.“

Die Unterscheidung von Daten, Information und Wissen, die auch im Wissensmanagement-Kontext manchmal ein wenig theoretisch anmutet, ist genau keine akademische Fingerübung. Ihr Verständnis ist notwendig in der tagtäglichen Entscheidungspraxis.

Nun hoffe ich, dass wir bald in einer Situation sein werden, in der wir aus einer reflektierenden Distanz darauf zurückschauen und Erkenntnisse – Wissen – ableiten können. Darüber, wie Entscheiden bei unsicherer Daten- , Informations- und vor allem Wissenslage geht. Darüber, wie dies alles systemisch zusammenwirkt. Und und und…
Und ich hoffe, dass der Dunning-Kruger-Effekt uns bei all dem nicht zu hart trifft.
Bleiben Sie standhaft!

Erfahrungsbericht: Online-Vorlesung

Bereits seit einigen Jahren habe ich einen Lehrauftrag an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg als Dozentin für das Modul Knowledge Management Strategien und Modelle, das im Rahmen der Masterstudiengänge Informatik, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsingenieurwesen angeboten wird. Diese Woche nun stand der erste Vorlesungsblock für das Sommersemester 2020 an: 3 Tage à 8 Stunden Präsenz – so die eigentliche Planung. In diesem Jahr musst jedoch die Präsenz durch eine Online-Veranstaltung ersetzt werden, bei gleichbleibender Stundenzahl und natürlich gleichbleibendem inhaltlichen Umfang.

Da weder die Studierenden noch ich 8 Stunden reiner Vorlesung per Webkonferenz ausgehalten hätten, habe ich das Konzept komplett überarbeitet und den Lehrstoff so auf Vorlesung/Vortrag, Selbstlernphasen und Gruppenarbeiten verteilt, dass die Dauer der Anteile echter Vorlesung/Vortrag bei max. 1 Stunde lagen, was für ein konzentriertes Zuhören schon anspruchsvoll ist. Für die Selbstlern- und Gruppenphasen habe ich teilweise Materialien aus dem Vorlesungsskript angereichert und anders aufbereitet, teilweise Videos meines Youtube-Kanals genutzt, teilweise Materialien aus dem Freien Kursbuch Wissensmanagement verwendet.

Da ich in der Präsenzveranstaltung viel Wert lege auf das gegenseitige Kennenlernen im Sinne des Schaffens eines ba, habe ich ein kurzes Vorstellungsvideo zu mir produziert und auf der Lernplattform zur Verfügung gestellt. Dann habe ich die Studierenden gebeten, noch vor der Vorlesung ebenfalls ein kurzes Vorstellungsvideo für alle im Kurs hochzuladen. Das haben tatsächlich fast alle schon vor Start der Vorlesung gemacht, sodass ein wenig ba auch virtuell möglich war.

Da die Implementierung einer Online-Meetingplattform seitens der Hochschule nicht rechtzeitig geklappt hat, habe ich den Webkonferenz-Account der GfWM genutzt – herzlichen Dank, liebe GfWM, das ich als Mitglied diese Möglichkeit habe! Die Applikation bietet die Möglichkeit, spontan Umfragen zu erstellen, was ich zwei oder drei Mal zur kleinen Zwischenaktivierung genutzt habe, z. B. mit der Frage, „Welches Wissensmanagement-Modell haltet ihr für eurer Unternehmen am geeignetsten?“. Die Plattform bietet außerdem so genannte breakout sessions, die sich für die Gruppenarbeitsphasen sehr bewährt haben.

Die Studierenden waren sehr diszipliniert und engagiert: Tatsächlich waren von 26 Eingeschriebenen an allen drei Tagen alle 26 die gesamte Zeit dabei. Das gab es bei einer Präsenzveranstaltung noch nie! Nach jeder Selbstlern- und Gruppenphase waren alle pünktlich in der Haupt-Session zurück und konnten sehr gut vorbereitete und aufbereitete Arbeitsergebnisse präsentieren – ich war und bin begeistert.

Was ist nun mein Fazit (bisher, im Mai folgt der zweite Block)?

  • Die Vorlesung hat auch in ihrer Online-Variante ‚funktioniert‘.
  • Das Konzept mit dem konsequenten Wechsel unterschiedlicher Lernszenarien mit klaren Aufgabenstellungen, einem vorab kommunizierten Zeitplan und über den Tag großzügigeren Pausen als bei der Präsenzveranstaltung hat sich bewährt. Bei zwei Retrospektiven zur Veranstaltung selbst, haben die Studierenden bestätigt, dass sie die Veranstaltung als abwechslungsreich und angenehm empfinden.
  • Interessanterweise waren die Studierenden am dritten Tag wahrnehmbar müde oder etwas schwerer zu motivieren – genau wie in der Präsenzveranstaltung auch.
  • Es war schwieriger die ’stillen Wasser‘ in der Gruppe zu identifizieren und zu animieren, da nicht immer deutlich war, wer gerade spricht. Nicht nur aus diesem Grund, werde ich beim nächsten Mal mehr darauf achten, dass bei längeren Redeanteilen die Webcam angeschaltet wird, um die Kommunikation stärker zu personalisieren und die ba-Bildung weiter zu unterstützen.

Ich freue mich auf den nächsten Block im Mai!

Wissenstransfer per Telefon

Diese Woche habe ich neue Erfahrungen in einem altbekannten Thema, nämlich Expert Debriefing, gesammelt.

Die Geschichte:
Am Montag stand der zweite und auch schon letzte Debriefing-Termin mit einer langjährigen Mitarbeiterin einer Kommunalverwaltung und deren Vorgesetzten an, wie so oft in der öffentlichen Verwaltung (noch) ohne Nachfolge. Aufgrund der aktuellen Situation war früh klar, dass der Termin nicht wie geplant vor Ort stattfinden konnte. Ich habe daher vorgeschlagen, das Gespräch virtuell über eine Webkonferenz zu führen. Ich muss gestehen zu meiner Überraschung – man neigt ja dazu unsere Verwaltung zu unterschätzen – waren alle Beteiligten bereit, sich auf dieses Experiment einzulassen. Auch, weil der letzte Arbeitstag der Mitarbeiterin unmittelbar bevorstand und es die letzte Chance war, weiteres wertvolles Erfahrungswissen zu sichern. Leider hat dann ein Technik-Check gezeigt, dass die Mitarbeiterin sich nicht mit der Webconferencing-Plattform verbinden konnte. Kurzentschlossen haben wir uns entschieden, dann einfach nur zu telefonieren. Und haben dies, einschließlich einer kurzen Pause, auch ungefähr drei Stunden lang getan.

Meine Erkenntnisse:
Wissenstransfer über das Telefon kann funktionieren. Allerdings war meines Erachtens sehr hilfreich, dass…
…ein erstes persönliches Gespräch bereits stattgefunden hatte
…die Wissenslandkarte in diesem ersten Gespräch schon grundlegend aufgebaut und zu einzelnen Themen bereits weit fortgeschritten war
…weitgehend gut strukturier- und verbalisierbare Arbeitsabläufe im Vordergrund standen
Wissenstransfer per Telefon ist sicherlich keine Option, wenn auch ein persönliches Gespräch möglich ist. Wenn dies nicht der Fall ist, sind Video- oder Webkonferenz eher die Mittel der Wahl. Aber wenn alle Stricke reißen, geht es tatsächlich auch per Telefon! Wieder was gelernt!

Sie wissen gar nicht, was ein Expert Debriefing ist? Dann schauen Sie hier.

‚Trendreport Digitaler Staat‘ zu Wissensmanagement

Nicht nur die Auswirkungen des demografischen Wandels, auch die Digitalisierung treffen den öffentlichen Sektor aktuell und in den nächsten Jahren massiv. Beides Themen, die auch den Umgang mit Wissen in den Fokus rücken.

Darauf hat der Behörden Spiegel in Zusammenarbeit mit der Prognos AG reagiert und den aktuellen Trendreport Digitaler Staat dem Schwerpunktthema „Auf Wissen bauen – Mit systematischem Wissensmanagement zur digitalen Verwaltung“ gewidmet.

Für diese Publikation wurde auch ich als Expertin interviewt und hier steht der Trendreport kostenlos zum Download bereit. Viel Spaß bei der Lektüre.

Exzellentes Wissensmanagement im Verein

Exzellentes Wissensmanagement im Verein
WMOOC

Der Wissensmanagement-MOOC (WMOOC) startet nun in das vierte und damit letzte Modul, das ganz im Zeichen von Fallbeispielen aus der Praxis steht.

Inspirierende Fallbeispiele gab es allerdings schon während des gesamten MOOCs, z. B. ganz aktuell online verfügbar die Aufzeichnung der Live Session mit Kevin Perseis, der über das Wissensmanagement bei seinem Verein den Katalanischen Fußballfreunden e.V. erzählt. Diese sind gemeinsam mit Thyssen Krupp Stahl 2018 als Exzellente Wissensorganisation ausgezeichnet worden. Wie ich als Jury-Mitglied sagen kann, völlig zu Recht. Neugierig? (Dauer 48’28 Min.)

Frage- und Feedback-Session zum Kompetenzkatalog Wissensmanagement

Am Donnerstag, den 5.12. um 15 Uhr werden Angelika Mittelmann und ich zu dem von uns im Rahmen der GfWM entwickelten Kompetenzkatalog Wissensmanagement live Fragen beantworten. Außerdem freuen wir uns natürlich über konstruktives Feedback.

Als Vorbereitung auf die Fragerunde seien die beiden Erklärvideos zum Kompetenzkatalog empfohlen oder die Aufzeichnung unserer gemeinsamen Session auf dem diesjährigen GfWM Knowledge Camp vom 21. November (Dauer 53′ 18 Min, inklusive Feedbackrunde mit den Teilnehmenden):

Die Fragerunde findet im Rahmen des WMOOC 2019 statt. Wer nicht am WMOOC teilnimmt und gerne trotzdem bei der Fragerunde dabei sein möchte (ausnahmsweise!), melde sich einfach kurz bei mir. Ich lasse die Einwahldaten gerne zukommen.

Bis Donnerstag!

WMOOC Live Session zu Agile und Wissensmanagement jetzt online

WMOOC Live Session zu Agile und Wissensmanagement jetzt online
WMOOC

Die Aufzeichnung unserer letzten WMOOC Live Session mit Elisabeth Petracs vom österreichischen Telekommunikationsanbieter A1, Finalist bei Exzellente Wissensorganisation 2018, ist nun online (Dauer: 60’54 Min):

Sie wollen endlich einmal live bei einer Live Session im WMOOC dabei sein? Dann einfach (kostenlos und unverbindlich) https://www.oncampus.de/weiterbildung/moocs/wissensmanagement-moocanmelden!

WMOOC 2019 – neue Live Session online und nächste Session am 8.11.

WMOOC 2019 – neue Live Session online und nächste Session am 8.11.
WMOOC

Seit gestern ist unsere WMOOC Live Session mit Dr. Angelika Mittelmann zu „Wissensmanagement-Werkzeugkasten digital“ online (Dauer 44’28 Min):

Und die nächste Live Session steht für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer am WMOOC schon an, nämlich am Freitag, den 8.11. um frühe 9:30 Uhr. Elisabeth Petracs vom österreichischen Telekommunikationsanbieter A1 – Gewinnerin der Auszeichnung Exzellente Wissensorganisation 2018 – wird aus der Praxis des Wissensmanagements in ihrem Unternehmen berichten.

Sie wollen gerne live dabei sein? Eigene Fragen direkt stellen und mit Elisabeth ins Gespräch kommen? Dann melden Sie sich beim kostenlosen WMOOC an! Es ist nie zu spät!

WMOOC Live Session mit Stefan Zillich

WMOOC Live Session mit Stefan Zillich
WMOOC

Am Montag, den 14. Oktober um 11 Uhr wird Stefan Zillich, langjähriger und erfahrener information und knowledge worker aus Berlin und seit langen Jahren engagierter Redakteur der GfWM THEMEN sowie des GfWM Newsletters im Rahmen unseres Wissensmanagement-MOOC 2019 eine Live Session anbieten:

Digital Information-Know-how für Knowledge Worker.

Diese Live Session (so wie viele noch kommende auch) ist Teil des WMOOC. Registrieren Sie sich also kostenfrei für dieses offene Bildungsangebot und nutzen Sie die Möglichkeit in den nächsten Wochen zahlreiche Wissensmanagement-Praktikerinnen und -Praktiker live zu erleben!